Sportanlage des Faustballvereins Bozen

AUSZEICHNUNG
Architekten: Walter Pardeller Josef Putzer Michael Scherer
Laudatio
Die simple und doch charmante Lösung überzeugt für die eng umrissene Aufgabenstellung den Sportplätzen der Bozener Faustballmannschaft, die außerhalb entlang des Flusses Talfer liegen, eine bauliche Infrastruktur zu geben und dabei das geschützte Landschaftsbild nicht zu beeinträchtigen.
Vorhandene Container für Umkleide- und Sanitärräume konnten schnell und kostengünstig aufgebaut werden und sind durch den Verein in Eigenregie einfach zu warten. Besonders ist aber die Ummantelung der Funktionsmodule mit wetterfestem Stahl. Die so entstandene kleine Häuserzeile mit funktionalem Dachüberstand passt sich in Farbigkeit und Erscheinung wunderbar in die Landschaft ein. Die reversible Konstruktion, die einerseits kaum auffällt und andererseits in ihrer Funktionalität und Einfachheit eine sensible Schönheit entfaltet, ermöglicht eine angemessene und nachhaltige Lösung für die temporäre Konstruktion in Stahlbauweise.
Erläuterungsbericht von Michael Scherer:
Mitten im Grün + Unter Beschuss
Vorwort
Faustball ist eine der schnellsten Ballsportarten der Welt. Bei diesem Rückschlagspiel stehen sich zwei Mannschaften gegenüber. Zentraler Spielgedanke ist es, den Ball so in der gegnerischen Hälfte zu platzieren, dass er vom Gegner nicht mehr erreicht werden kann. Die Bozener Faustballer nehmen an vielen Turnieren im In- und Ausland teil und stellen als Vertreter der italienischen Nation die Nationalmannschaft.
Die Sportplätze des Vereins liegen an der Bozener Wassermauerpromenade entlang des Talfer-Flusses. Der dem Flusslauf folgende Stadtpark ist als Naherholungszone bei den Bozenern wie den Touristen gleichermassen beliebt und wird ganzjährig intensiv genutzt. Der Ensembleschutz des Areals erlaubt normalerweise keinen baulichen Eingriff, es sei denn, er beeinträchtigt nicht das umliegende Landschaftsbild.
Foto: Michael Scherer + Nicolo de Giorgis
Selbstgestellte Zielsetzungen
Der Eingriff in die Naturlandschaft soll klar Position beziehen und:
- den Charakter und die Identität des Ortes konsolidieren und im urbanen und landschaftlichen Kontext neue räumliche und der Nutzung entsprechende Bezüge herstellen.
- zeigen, dass bei der Ausarbeitung des Projektes, die Besonderheiten des Ortes und die knappen Ressourcen der Bauherren berücksichtigt wurden.
- nicht Erkennungswert und Form zum Ziel haben, sondern auf die Bedürfnisse mit Diskretion, Klarheit und Maß eingehen.
- beim Ablauf des gesamten Prozesses von der Planung bis zum Bau nachvollziehbare Kohärenz beweisen.
- die Materialien gemäß den Anforderungen des Projektes zweckdienlich einsetzen, ohne dabei in konstruktive Virtuosität zu verfallen.
Konzept + Architektur
Das architektonische Konzept würdigt die Besonderheiten des Ortes angemessener Art und Weise:
Eine reversible Sportstätte, harmonisch in die Flussaue eingebettet und mit Blick auf die bekannten Bozner Schlösser.
Das Gebäude wurde “einer Begrenzungslinie gleich”, auf den natürlichen Geländesprung zwischen beide Ballspielfelder gesetzt. Die für internationale Begegnungen zugelassenen Sportplätze liegen für die Schiedsrichter leicht einsichtig als maßstäblich gefasste Aussen-Räume in der Auenlandschaft. Die simple Bauform des Gebäudes mit durchlüftetem Satteldach bezieht sich auf bekannte Typologien in der Nachbarschaft. Der offene Portikus und die Landschafts- Loggia schaffen- bei aller Einfachheit der Gebäudestruktur, differenzierte räumliche Situationen.
Bauweise + Konstruktion
Die Montage der ganzen Anlage erfolgte in kürzester Zeit. Das verschraubte Stahltragwerk ist materialsparend dimensioniert und nur punktweise auf die Wiese aufgesetzt. Das Cor-Ten Blech und die grasgrünen container ordnen sich zu jeder Jahreszeit den Farben der Landschaft unter. Benutzte und stark beanspruchte Einbauteile, wie Duschen und Sitzbänke sind aus gekantetem Edelstahlblech. Die evtl. notwendige Wartung der Bauteile kann durch Vereinsmitglieder kostengünstig vorgenommen werden. Alle Materialien sind komplett recyclebar.
Funktion + Ökologie
Das Gebäude wird nur in der warmen Jahreszeit benutzt. Folglich wurde die haustechnische Ausstattung auf ein Minimum begrenzt und auf Funktionalität grösster Wert gelegt. Die Belüftung der Duschen und WC Anlagen erfolgt ohne mechanische Ventilatoren über die offene Dachkonstruktion. Der Gitterrostbelag im offenen Portikus vor den Umkleiden dient als Schmutzschleuse für die stark verschmutzten Stollenschuhe. In einem Vorratstank wird das Wasser aus dem Fluss gespeichert und gefiltert. Ein Teil dient der Beregnung der Sportfelder, der andere Teil als Brauchwasser für die WC Spülungen. Auf der nach Süden ausgerichteten Dachfläche werden zukünftig Solarzellen montiert, die das Wasser für die Duschen erwärmen.
Kunst im Öffentlichen Raum
Die dem oberen Spielfeld zugewandte Fassade ist von der Promenade aus gut einsichtig. Eine eigens entworfene, 30 m lange, Pixelschrift informiert die neugierigen Passanten über eine in Bozen immer noch weitgehend unbekannte Sportart. Mit ihren Punkten charakterisiert sie ein unter Ballbeschuss stehendes, stabiles Gebäude, dass auch einen verirrten Aufschlag gut wegstecken kann.