Von der Mensa zum Lernhaus - BlueBoxBochum

Bericht der Architekten
Das 1965 von Bruno Lambert entworfene Gebäude ist im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte in die Jahre gekommen und befand sich in einem Zustand der Sanierungsbedürftigkeit, das Dach war bereits baufällig. Das Gebäude wäre wahrscheinlich ein paar Jahre später abgerissen worden.
Seit der Inbetriebnahme erfuhr das Gebäude verschiedenste Nutzungen: von 1965 bis 1971 Nutzung als Mensa, von 1972 - 1974 Nutzung als Universitätsbibliothek, von 1974 - 1985 Nutzung als KFZ-Werkstatt, Klubraum und Diskothek. Von 1985 – 2002 Speicherbibliothek des Landes NRW. Seit 1998 teilweise Nutzung als »BBB« [»BlueBoxBochum«], Nutzung für Architekturstudenten. Seit 2002 »BBB« erfolgte eine komplette Übernahme des gesamten Gebäudes durch die HS Bochum. Seit 2008 - 2011 Kernsanierung der »BBB«.
Foto: Jens Kirchner
Ursprünglich als Übergangs-Mensa der Ruhr-Universität Bochum gebaut musste, hinsichtlich der Transformation des Gebäudes zum Internationalen Kompetenzzentrum Architektur des Fachbereichs A der HS Bochum, auf die neuen Nutzungsbedürfnisse und Gebäudeanforderungen als Lerngebäude mit neuem Lernkonzept bzw. Nutzungskonzept eingegangen werden.
Folgende Punkte wurden hierbei berücksichtigt:
- komplette Revitalisierung der Primärkonstruktion mit neuem Dach.
- komplette neue Technische Gebäudeausrüstung wie Heizung, Sanitär, Elektro, Lüftung und Beleuchtung.
- Neue Fassade mit Nachtauskühl-Öffnungen und Sonnenschutz-System.
- Brandschutzkonzept für eine Nutzung für ca. bis zu 1000 Personen/ 24h, d.h. Brandabschnittsystem und Fluchtwegesystem.
- Energieeffizienz, Wärmedämmung und Schallschutz. Das Gebäude ist nach der EnEV 2009 erstellt, berücksichtigt aber schon die Zukunft und ist nachrüstbar durch Geothermie, Photovoltaik- und Solar- Kollektoren. Das System der Nachtauskühlung für eine nachhaltige Nutzung sei hier besonders erwähnt.
Die »BlueBoxBochum« als Instrument qualitätvoller Lehre
Der Fachbereich Architektur verfolgt ein modernes Lehrkonzept, das der Projektarbeit und der Förderung von Teamarbeit einen großen Platz einräumt. Die räumlichen Voraussetzungen dazu bietet die »BlueBox-Bochum«. Jedem Studierenden steht dort ein eigener Arbeitsplatz (ca. 350-600 Arbeitsplätze) zur Verfügung. EDV-Arbeitsplätze und ein Plot-Service, der von den Studierenden selbst organisiert wird, ergänzen das Angebot. In der »BBB« wird auf ca. 3.500 qm der Studienplatz vom ersten Semester an zum »Arbeitsplatz«. Äußeres Symbol dieser Ausbildungskonzeption ist die feste Zuordnung eines Arbeitsplatzes für jeden Studierenden des Fachbereichs. 350 Tische in teils fester Belegung, teils alternativer Nutzung, gewährleisten einen solchen Arbeitsplatz für die Studierenden aller Semester über die Regelstudienzeit von acht Semestern (B.A. Architektur).
Die Hochschule formt sich damit vom temporären Lernort bei Vorlesungen und Seminaren um, hin zum kreativen Mittelpunkt studentischen Lernen, Arbeiten und Lebens. 45 CAD-PC-Arbeitsplätze gewährleisten die Verknüpfung kreativer Gestaltungen mit den Alltagsmedien heutiger Architekturbüros.
Lernatelier ermöglicht Kooperationen mit Wirtschaft, Industrie und Verwaltung
Das Lernatelier ermöglicht praxisbezogenes Lernen und Arbeiten an und in Kooperationsprojekten in der Hochschule. Die »BBB« bietet nicht nur Raum für Planungsworkshops und Projektpräsentationen, sondern wird durch ihre Infrastrukturmöglichkeiten während der Projektdauer zum Außenstandort des Projektpartners.
Semesterübergreifendes Lernen fördert diskursives Arbeiten
Durch das von Wolfgang Krenz entwickelte Lernkonzept der »BBB« ist ein semesterübergreifendes Lernen gewährleistet, da hier an einem Ort Erstsemester mit Studenten aus allen Studiensemestern zusammentreffen und ins Gespräch kommen. Die »BBB« wird zum Diskussions- und Präsentationsforum der studentischen Arbeiten. Statt alleine den Weg in das Studium und seine Inhalte zu suchen, erfolgt hier der Studienbeginn durch die Aufnahme in den Arbeitsräumen des Gebäudes.
Initiierung von Selbstlernteams
Das Konzept der »BBB« verfolgt den Ansatz kommunikativen Lernens in sich selbst bildenden
Gruppenstrukturen. Der Dozent übernimmt die Moderation der Lerngruppen und füllt den Arbeitsalltag des Lernateliers durch konkrete praxisorientierte Aufgabenstellungen, die von den Studierenden individuell oder in selbst organisierten Teams zu lösen sind. Entsprechend erfahren die Inhalte der Lehre eine ganzheitliche Orientierung mit der interdisziplinären Berücksichtigung der
Bereiche: Bauen, Wohnen, Städtebau, Landschaft, Ökonomie, Ökologie, Nachhaltigkeit und Politik. Der Arbeitsplatz in der »BBB« ist Tag und Nacht frei verfüg- und nutzbar. Die Studierenden bestimmen so selbst Umfang und Rhythmus ihres eigenverantwortlichen Lernens. Durch die ganztägige Verfügbarkeit entwickelt sich dieser Raum neben einem Arbeitsplatz zum zentralen Ort der studentischen Kommunikation im Fachbereich. Lernräume werden so zu Kreativräumen und Lebensräumen. Seit 1995 wurde das Gebäude als zentraler Ort des von Wolfgang Krenz initiierten
»Kompetenzzentrum Architektur« der Fachhochschule Bochum genutzt. Bis 2010 hat der Architekt das mittlerweile marode Gebäude instand gesetzt und für den neuen Zweck mustergültig hergerichtet.
Nachhaltigkeit, Ökologie und Energieeffizienz
Das in die Jahre gekommene Gebäude wurde kernsaniert und umgenutzt von einer Übergangsmensa zu einem modernen Lehr- und Lerngebäude der Hochschule Bochum. Ein Grundrisskonzept mit großzügig angelegten Nutzungsbereichen ermöglicht eine flexible Nutzung für den derzeitigen Hochschulbetrieb und bietet ausreichende Ressourcen für zukünftige Generationen von Studierenden.
Baukonstruktiv entspricht das Gebäude der EnEV 2009 für Neubauten und somit den derzeit gültigen DIN-Normen und Regeln der Technik. Um eine wirtschaftliche Betreibung des rundum verglasten Gebäudes zu ermöglichen, wurde eine Zu- und Abluftanlage mit automatischer Nachtauskühlung sowie Aluminiumlamellen als außenliegender Sonnenschutz im OG installiert. Zusätzliche öffenbare Fenster sorgen im Erdgeschoss nach Bedarf für zusätzliche natürliche Belüftung.
Der Winterliche Wärmeschutz an den Außenwänden hat einen U-Wert von 0,23 W/(m2K), das Dach 0,16 W/(m2K) und die Fenster einen Wert von 0,35 W/(m2K).
Aus Kostengründen wurde zur Gebäudefertigstellung auf Geothermie- Photovoltaik- und Solartechnik verzichtet. Eine optionale Nachrüstbarkeit ist jedoch vorgesehen und berücksichtigt.
Energiebezugsfläche: 6.683 m²
Primärenergiebedarf: 15,8 kWh/m² (EBF)
Jahreswärmebedarf inkl. Trinkwarmwasser: 15,8 kWh/ m²
Preis des Deutschen Stahlbaues 2012 - Auszeichnung
Laudatio der Jury
Umbauten und Sanierungen werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Die BlueBoxBochum zeigt, wie zeitlose Konstruktionen – hier ein stählernes Raumtragwerk – über Jahrzehnte den Nutzerbedürfnissen angepasst werden können. Dank seiner weit spannenden Stahlkonstruktion hatte es bereits verschiedenste Nutzungen erfahren.
Die Transformation zum Lernzentrum Architektur ist ein hervorragendes Beispiel für die nachhaltige Revitalisierung alter Bausubstanz mit Stahl. Die elegante, beinahe unsichtbare Stahlkonstruktion und der universelle Raum kommen durch die sensible Sanierung und ausgezeichnete Integration der Technik wieder zu ihrem Recht.