BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 190/122 

Was war passiert?  

2010 beauftragt ein Bauherr einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 33 der HOAI in der Fassung von 2009 für den Neubau eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes.  

Der Architekt erstellt für den Bauherrn eine von ihm vorformulierte Skontoklausel, die der Bauherr für mehrere Verträge mit seinen ausführenden Auftragnehmern verwendet. Diese Skontoklausel wurde nach Angaben des Architekten vorher von einem Anwalt geprüft. Die Skontoklausel lautet:  

„Die Fa. XY gewährt … ein Skonto von 3% bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft“.  

Später behält der Bauherr von der Schlussrechnung eines seiner Auftragnehmer einen Skontoabzug in Höhe von 3% (ca. 125.000 EUR) ein. Der betroffene Auftragnehmer erhebt daraufhin Klage gegen den Bauherrn, da die Skontoklausel unwirksam und somit der Einbehalt der 125.000 EUR unrechtmäßig ist. Bauherr und Auftragnehmer einigen sich im Rahmen eines Vergleichs. Der Bauherr muss sich infolgedessen die einbehaltenen 125.000 EUR anrechnen lassen.  

Daraufhin erhebt der Bauherr gegen seinen Architekten Klage. Er verlangt von ihm Schadensersatz in Höhe der 125.000 EUR. Der Fall geht durch mehrere Instanzen und landet letztlich beim BGH.  

Ergebnis: 

Der BGH entschied, dass der Architekt zum Schadensersatz verpflichtet ist.  

Dadurch, dass der Architekt dem Bauherrn eine von ihm formulierte Vertragsklausel zur Verfügung gestellt hat, hat er gegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) verstoßen. Ohne Belang ist, dass der Architekt die Klausel zuvor anwaltlich prüfen ließ.  

Nach dem RDG sind rechtliche Beratungsleistungen als Nebenleistung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Architekt erlaubt. Andernfalls würde ein Architekt bei jeder Rechtsfrage in seiner Berufsausübung behindert. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist für den Einzelfall zu beurteilen.  

Das Zurverfügungstellen der Skontoklausel stellt hier keine Nebenleistung dar, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten gehört. Der BGH stellte fest, dass ein Architekt grds. verpflichtet ist, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Diesbezüglich bestehen regelmäßig Berührungspunkte zu Rechtsfragen, weshalb der Architekt über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts verfügen muss, auf die er für die Beratung des Bauherrn zurückgreifen darf. Allerdings darf der Architekt nicht mit einem Rechtsberater des Bauherrn gleichgesetzt werden. Eine allgemeine Rechtsberatung gehört nicht zum Berufsbild eines Architekten.  

Weiterhin ist eine solche Nebenleistung nur dann zulässig, wenn sie in dem Umfang erbracht wird, wie sie vom Gesetz erlaubt wird. 

Indem der Architekt die Skontoklausel dem Bauherrn zur Verfügung stellte, erbracht er eine selbständige außergerichtliche Rechtsdienstleistung. Dies war jedoch weder nach dem RDG noch nach einem anderen Gesetz erlaubt. Insbesondere Anlage 11, Leistungsphase 7 Buchstabe h) zu § 33 Satz 3 HOAI 2009) rechtfertigte den Architekten nicht zu dieser Rechtsdienstleistung. Der Architekt vertrat die Auffassung, dass aufgrund der darin aufgezählten Leistung „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ für ihn eine Verpflichtung zur rechtlichen Beratung bei der Gestaltung des konkreten Vertragstextes bestünde und er deshalb zur dahingehenden Rechtsberatung verpflichtet sei. Dies ist falsch, stellte der BGH ausdrücklich fest. Denn die HOAI ist ausschließlich eine Honorarordnung. Sie trifft keine Aussagen darüber, zu welchen Beratungsleistungen der Ingenieur/Architekt verpflichtet oder berechtigt ist.  

Fazit: 

Äußerste Vorsicht ist von Architekten dann anzuwenden, wenn es um die Gestaltung von Verträgen geht. Gleiches gilt für Rechtsfragen, die nicht im Zusammenhang mit dem typischen Berufsbild des Architekten stehen.  

Sobald Sie im Rahmen Ihres Auftrags mit solchen Rechtsfragen konfrontiert werden, weisen Sie Ihren Aufraggeber daraufhin, dass Ihnen die Beratung in diesen Rechtsfragen gesetzlich nicht erlaubt ist und verweisen Sie ihn an einen Rechtsanwalt. Die Korrespondenz sollte dann ausschließlich zwischen dem Bauherrn und Anwalt erfolgen, um den Eindruck zu vermeiden, Sie hätten selbst unerlaubterweise Rechtsberatung betrieben.  

Dies schont Ihre Berufshaftpflichtversicherung und Ihre Nerven.