Dr. Jan Schmidt Peiner Träger GmbHFrage: „Grüner Stahl – wie ist der Stand der Dinge in der Produktion?“

Dr. Jan Schmidt: „Wir haben früher als andere – und das aus voller Überzeugung – auf grüne Produktionsweisen gesetzt und sind dazu in Vorleistung gegangen.

Die Salzgitter AG war das erste Unternehmen, das eine Förderzusage des Bundes erhalten hat und sich daher bereits mitten in der Transformation zur Produktion des grünen Stahls befindet. Klimaschutz liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse, insofern ist die Transformationsunterstützung für die erheblichen Investitionen in der Grundstoffindustrie mehr als gerechtfertigt. Schließlich ist die Hebelwirkung für die Reduktion des CO2-Ausstoßes immens – die Herstellung von Rohstahl über die Hochofenroute macht mit ca. 28 % einen großen Teil der industriellen CO2-Emissionen in Deutschland aus.“

Frage: „Wie sehen Sie als Hersteller die Vor- bzw. Nachteile des Grünen Stahls?“

Dr. Jan Schmidt: „Aus ökologischer Sicht steht der Vorteil außer Frage. In ökonomischer Hinsicht finden wir es schade, dass der Markt in der Nachfrage nach emissionsreduziertem Stahl nicht so agiert wie wir uns das wünschen. Naturgemäß schlagen sich die höheren Kosten für die grüne Stahlproduktion in moderat höheren Preisen nieder. Es ist aber schwer nachvollziehbar, dass der Staat einerseits die Transformation unterstützt, in öffentlichen Ausschreibungen aber immer nur die preisgünstigste Lösung gefordert und so noch nach herkömmlichem Stahl nachgefragt wird.

Es reicht daher nicht, nur die Angebotsseite zu unterstützen, es müssen auch auf der Nachfrageseite die richtigen Anreize geschaffen werden.“

Frage: „Wie sieht der Zeitplan der Transformation aus?“

Dr. Jan Schmidt: „Hier in Peine arbeiten wir ja bereits auf Elektroofenbasis. Inzwischen produzieren wir 1/3 der Menge mit Ökostrom. Unsere Träger werden dank Schrotteinsatz zu 100 Prozent im Sinne der Kreislaufwirtschaft produziert. In Salzgitter sind die Anlagen für das Direktreduktionsverfahren mit Wasserstoff bereits im Bau. 2026 startet die erste Stufe der Umstellung auf grünen Stahl. Mit der dritten Stufe soll 2033 die Umstellung komplett sein. Die alten Hochöfen werden abgeschaltet, und der jährliche Ausstoß von CO2 reduziert sich um bis zu 95% in der Rohstahlerzeugung.“

 

Aus Händlersicht berichtet Dipl.-Ing. (FH) Mike Schrader, Produktmanager Langprodukte bei Salzgitter Mannesmann Stahlhandel GmbH berichtet über die ökologische Transformation zu „Grünem Stahl“.

Mike Schrader Salzgitter Mannesmann StahlhandelFrage: „Grüner Stahl – wie ist die Lage im Handel?“

Mike Schrader: „Die im BFS zusammengeschlossenen Werke bieten ihr Produkt-Portfolio sowohl in „grau“ als insbesondere auch vermehrt in „grün“ an. Der Handel macht seine Hausaufgaben und stellt dem Markt mit seinen Lagerbeständen nicht nur grünen Stahl zur Verfügung, sondern stellt auch seine innerbetrieblichen Aktivitäten und Logistik nachhaltig auf. Die Nachfrage allerdings, insbesondere aus der Baubranche, entwickelt sich, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, erst langsam. Dabei berichten uns Kunden, dass in einschlägigen Ausschreibungen noch keineswegs flächendeckend auf das Thema Nachhaltigkeit bestanden wird, das gilt auch für öffentliche Projekte.“

Frage: „Wie sehen Sie als Händler die Vor- bzw. Nachteile des Grünen Stahls?“

Mike Schrader: „Mit dem grünen Stahl erhalten der Handel und seine Kunden nicht nur technisch herausragende, sondern auch nachhaltige Produkte. Speziell für den Bausektor und hier für den Stahlbau ist der Handel ein Ausgangspunkt für den signifikant nachhaltigen Baustoff, welcher sich im Wettbewerb gegenüber anderen Baustoffen behaupten wird. Wir flankieren damit ein neues, nachhaltiges Bauen. Diesen Vorteilen stehen natürlich auch Herausforderungen gegenüber: Hersteller und Handel stehen in sehr umfassenden Transformationsprozessen.

Wichtig bleiben jedenfalls Liefertreue, Qualität und Zuverlässigkeit, hinzukommen aber auch Aspekte aus nachhaltigem Wirtschaften! Darüber hinaus ist der Handel als Mittler und Berater zwischen grünen Produkten und den sich entwickelnden Märkten gefordert.

Auch diese Hausaufgaben werden bzw. sind erledigt, der Handel hat bereits vielfache Antworten auf die Herausforderungen des nachhaltigen Bauens.“

Frage: „Für wann etwa sehen Sie im Markt den Durchbruch für Grünen Stahl?“

Mike Schrader: „Von einer konkreten Antwort nach Monat und Jahr muss noch abgesehen werden. Sicher jedoch dürfte sein: Je mehr Projekte hinsichtlich Nachhaltigkeit zertifiziert werden und die Vorteile nicht nur bekannt sind, sondern auch genutzt werden, ist mit einer rapiden Zunahme im Verbrauch von grünem Stahl zu rechnen. Vorbehaltlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, der Entwicklung der Baukonjunktur und weiterer wichtiger Rahmenbedingungen, liegt das Potential für einen „Durchbruch“ im Markt vielleicht bei ein bis zwei Jahren.“