Brandschutz verfolgt damit folgende Zielsetzungen:
- Gewährleistung von Evakuierungs- und wirksamen Löschmaßnahmen
- Es müssen eine ausreichende Anzahl und eine geeignete Ausbildung von Rettungswegen sowie eine entsprechende Zugänglichkeit sichergestellt sein.
- Gewährleistung der Standsicherheit der Konstruktion
- Gebäude müssen entsprechend ihrer Nutzung den erhöhten Temperaturen im Brandfall ausreichend Widerstand bieten, so dass es nicht zum plötzlichen Versagen des Tragwerks kommt.
- Vermeidung der Brandausbreitung
- Raumabschließende Bauteile müssen ihre Funktion unter Brandeinwirkung speziell in Hinblick auf die Dichtheit gegenüber Rauchgasen und der Standfestigkeit gewährleisten. Zudem werden Anforderungen an die Wärmedurchleitung von Bauteilen gestellt, die einen Brandabschnitt begrenzen. Brandwände müssen einer genormten Stoßbeanspruchung standhalten.
- Brandverhalten von Baustoffen
- Um einer Brandentstehung und einer Brandausbreitung vorzubeugen, werden Anforderungen an die Brennbarkeit von Baustoffen gestellt.
Stahl und Brandschutz
Stahl ist ein geeigneter Baustoff, da er nicht brennbar ist und keine giftigen Gase unter Brandeinwirkung freisetzt (Brandklasse A1). In Abhängigkeit der Stahlsorte reduziert sich jedoch die Festigkeit des Werkstoffs Stahl mit zunehmender Temperatur (siehe EN 1993-1-2). Im Allgemeinen kann bei Stahltemperaturen von über 550°C ein Festigkeitsverlust festgestellt werden. In kritischen Fällen ist daher zu prüfen, ob Stahlbauteile im Brandfall durch geeignete Maßnahmen vor einer übermäßigen Durchwärmung geschützt werden müssen. Alternativ können aktive Maßnahmen zur Eindämmung des Brandes bzw. zur Kühlung z.B. durch Sprinklersysteme installiert werden.
In Abhängigkeit der Gebäudeklassen, die in den Bauordnungen definiert werden, und der Funktion der Bauteile werden Anforderungen an die Feuerwiderstandsklassen gestellt. Deren Bezeichnungen beinhalten zum einen die Feuerwiderstandsdauer in Minuten unter Normbedingungen. Zum anderen wird das altbekannte „F“ für „Feuerwiderstand“ auf Grund europäischer Regelungen durch aussagekräftige Kürzel Bedeutung Beschriebene Anforderung R „Résistance“ (frz.) Tragfähigkeit E „Etanchéité“ (frz.) Raumabschluss, Dichtigkeit im Brandfall I „Isolation“ (frz. /engl.) begrenzte Wärmedurchleitung im Brandfall M „Mechanical“ (engl.) Dynamische Einwirkung, Stoßbeanspruchung tigere Kürzel ersetzt, die die Anforderungen genauer beschreiben. Konstruktive Systeme und Bauteile (Bauprodukte, Bauarten und Bausätze), die diese Anforderungen erfüllen, besitzen ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (ABP) oder entsprechen technischen Regel-werken (Normen, Richtlinien) auf Grundlage der Bauproduktrichtlinie (BPR – maßgebend für CE-Kennzeichnung) bzw. des Bauproduktgesetzes (BauPG). Diesbezügliche Zusammenhänge und weitere Informationen (Übereinstimmungs- und Verwendbarkeitsnachweis) sind in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) festgehalten. Zudem kann eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) bei der obersten Bauaufsichtsbehörde beantragt werden, deren Gültigkeit sich auf ein konkretes Bauvorhaben beschränkt. Eine frühzeitige Abstimmung mit den örtlichen Genehmigungsbehörden ist in Sonderfällen zu empfehlen.
Neben den Landesbauordnungen gibt es Richtlinien und Verordnungen für diverse Gebäudetypen, die entsprechend der Nutzung und des Gefahrenrisikos die Anforderungen abmindern bzw. erhöhen. Im Bereich des Industrie- und Gewerbebaus bietet die Industriebau-Richtlinie den rechtlichen Rahmen für effektive und kostengünstige Brandschutzkonzepte mit hohem Sicherheitsniveau.
Die europäische Normung ermöglicht neben diesen herkömmlichen Betrachtungsweisen die Berücksichtigung des Brandschutzes auf Grundlage des Naturbrandkonzeptes. Ausgehend von Brandlasten, der Geometrie und den resultierenden Belüftungsverhältnissen im Gebäude werden mit Hilfe von Computerprogrammen realistische Temperatur-Zeit-Kurven ermittelt, die über die resultierende Stahltemperatur zu konkreten Aussagen über die Versagenswahrscheinlichkeit führen. Dieser Ansatz entspricht dem Sicherheitskonzept des gesamten Europäischen Normenwerks und bietet die Möglichkeit, aktive Maßnahmen wie Sprinkler- und Entrauchungsanlagen zu berücksichtigen. Letztlich bieten die Gesamtheit der Verordnungen sowie die europäischen Regelungen eine Vielzahl von Möglichkeiten, Stahlbauten mit einem hohen Niveau der Brandschutzsicherheit zu planen, ohne aufwändige Maßnahmen zu ergreifen. In den Fällen, in denen dennoch Stahlbauteile geschützt werden müssen, kann man Maßnahmen auswählen, um zu einem optimierten und angepassten baulichen Brandschutz zu gelangen.
Passive Brandschutz Maßnahmen
Alle Brandschutzmaßnahmen sind von der Massivität der Stahlprofile abhängig, die durch das Verhältnis von Umfang zu Querschnittsfläche ausgedrückt wird. Bei einer Profilauswahl kann durch Berücksichtigung einer entsprechenden Massivität und einer angepassten Dimensionierung schon die ungeschützte Konstruktion einen Feuerwiderstand von 30 Minuten erreichen. Darüber hinaus stehen folgende Maßnahmen zur Verfügung, um die Erwärmung des Stahls über die kritische Temperatur zu verhindern:
- Verkleidung der Stahlkonstruktion mit Platten aus Gipskarton, aus Fiber- oder Kalziumsilikaten oder Vermiculite
- Durch die Bekleidung mit porenwasserhaltigen oder kristallwasserhaltigen Baustoffen wird die Durchwärmung der Stahlbauteile verzögert. In Abhängigkeit des Baustoffes ist daher die Bekleidungsdicke vorwiegend für die entsprechende Widerstandsdauer maßgebend. Zum Teil existieren vorgefertigte Verkleidungselemente oder spezielle Befestigungssysteme, die die Applikation solcher Systeme erheblich vereinfachen.
- Spritzputzbekleidung mit und ohne Putzträger
- Ähnlich wie die Verkleidung mit Platten verzögern Putzsysteme die Durchwärmung der Stahlbauteile. Neben der Wirkung des eingelagerten Wassers wird die dämmende Wirkung der Spritzputzverkleidung durch die Porosität des Werkstoffs genutzt (Beflocken). Da die Spritzputze meist baustellenseitig aufgebracht werden, sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
- Dämmschichtbildender Anstrich
- Diese Brandschutzanstriche bestehen meist aus drei Schichten: Grundierung inklusive Korrosionsschutz, Dämmschichtbildner und Deckschicht, die eine uneingeschränkte Farbgebung ermöglicht. Moderne Produktsysteme erreichen eine Widerstandsdauer bis zu 90 Minuten und können werkseitig aufgebracht werden. Dies führt zu Kostenvorteilen und zur Vereinfachung des Bauablaufs.
- Verbundbau
- Bei Verbundkonstruktionen werden Stahlprofile entweder vollständig einbetoniert oder nur die Kammern von offenen Profilen bzw. Stahlhohlprofilen ausbetoniert und mit Zusatzbewehrung versehen. Unter Berücksichtigung des Ausnutzungsgrads und der Mindestquerschnittswerte kann eine Widerstandsdauer von bis zu 180 Minuten erreicht werden.
- Feuerverzinken
- Feuerverzinken verbessert die Feuerwiderstandsdauer von Stahl. Der verbesserte Feuerwiderstand basiert auf einer niedrigeren Emissivität von feuerverzinkten Stählen, die bis 500 °C um 50% geringer ist. R30 ist vielfach durch Feuerverzinken möglich. Der Brandschutz durch Feuerverzinken ist in der DASt-Richtlinie 027 geregelt. Mehr unter: feuerverzinken.com/brandschutz (Kosten siehe Kapitel „Oberflächenbehandlung“).
Aktive Brandschutz Maßnahmen
Der Einfachheit halber werden hier nur die Maßnahmen angesprochen, die einen Effekt auf die Berechnung der anzusetzenden Brandlast nach Eurocode haben. Andere Maßnahmen, die u.U. nach Absprachen mit den lokalen Behörden zu einem optimierten Brandschutz führen können, bleiben zunächst unberücksichtigt.
- Sprinklersystem
- Wasserführendes Leitungssystem, welches bei Brandeinwirkung automatisch Wasser im Bereich des Brandherdes versprüht, um eine Ausbreitung zu vermeiden und das Feuer einzudämmen.
- Automatische Brandmeldeanlage – Branderkennung durch Hitze oder Rauch
- Anlagen, die auf Grund der Hitze oder Rauchentwicklung eines Feuers dieses automatisch erkennen und meist einen internen Hausalarm auslösen, der eine Evakuierung des Gebäudes zur Folge hat.
- Brandmeldezentrale mit automatischer Alarmierung der Feuerwehr
- Erweiterte Brandmeldeanlage mit automatischer Branderkennung, die zusätzlich die zuständige Feuerwehr alarmiert und weitere Informationen bereitstellt.
- Rauchabzug
- Unter Rauchabzügen versteht man Dachöffnungen, die sich durch manuelle oder automatische Betätigung im Brandfall öffnen und so heißen Brandrauch abführen. Sie werden häufig in Industriebauten verwendet oder bei mehrgeschossigen Gebäuden im Treppenraum angebracht, um den „ersten“ Rettungsweg rauchfrei zu halten.
- Werks- oder Betriebsfeuerwehr
- Ist eine solche Einrichtung im Bereich des zu errichtenden Gebäudes vorhanden, kann dies bei der Planung berücksichtigt werden.
- Eingebaute Löschgeräte und Klein-Löschmittel (Feuerlöscher/ Wandhydranten)
- Gerätschaften, um lokale Brände durch anwesende Personen schon in der Entstehungsphase zu löschen. Die im Folgenden angegebenen Kosten sind Anhaltswerte unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen. Genauere Angaben sind im Einzelfall durch einen Fachplaner zu bestimmen.
Kosten im Stahlbau – Brandschutz Rahmenbedingungen:
- Durchschnittswerte für Gebäudefläche von 800 – 1400 m2 BGFa) .
- Schneelastzone 2, Geländehöhe max. 500 m üNN, Windlastzone 2 (Binnenland), kompaktes Gebäude.
Hinweise:
- Passive Brandschutzmaßnahmen werden in €/m2 zu applizierender Fläche bzw. €/kg Rahmenkonstruktion angegeben.
- Bei der Verwendung der Angaben in €/kg ist zu beachten, dass meist nur ein Teil der Konstruktion geschützt werden muss.
- Annahme eines Massivitätsfaktors von 140 – 180; entspricht IPE 300 – IPE 450 und der gesamten HEB-Reihe.
- Aktive Brandschutzmaßnahmen werden in €/m2 BGFa) angegeben.
- Aktive Brandschutzmaßnahmen haben Einfluss auf die Bestimmung der Brandlast gemäß Eurocode 3 (EN 1993).
- Mittlere Brandlast für mehrgeschossige Gebäude ca. 500 MJ/m2 (Büro), eingeschossige Gebäude ca. 750 MJ/m2.
- Bei den Angaben zur werkseitigen Applikation sind Transportkosten sowie Reparaturen von bis zu 5 % enthalten.
- Es wird empfohlen, für alle Preisindikationen von Brandschutzmaß- nahmen zusätzlich fachkundige Firmen zu konsultieren.
Die aktuelle Ausgabe der Broschüre “Kosten im Stahlbau” finden Sie auf der bauforumstahl Webseite.