Text von Rolf Jung

Entwurf und Gestaltung

Das Bauwerk 399c überführt einen Forstwegweg über die Bundesautobahn A3, Bau-km 399+520,34 im Erlenstegener Forst. Es verbindet die Stadt Schwaig mit dem Naherholungsgebiet des Erlensteger Forsts. Die Überführung wurde als Weiterentwicklung der Überführungsbauwerke des „Typs 2“ des Gestaltungshandbuches der BAB A3 – Würzburg bis Erlangen ausgewählt. Großer Wert wurde beim Entwurf auf einen hohen Grad an Einfachheit, funktionaler und tragwerkstechnischer Sinnhaftigkeit und damit auf eine umfassend nachhaltige Gestaltung gelegt, die durch den sparsamen Einsatz von Ressourcen auch allen Anforderungen des ökonomischen und ökologischen Bauens gerecht wird. Entsprechend der Aufgabe, die sechsstreifige Autobahn stützenfrei zu überspannen, wurde das Überführungsbauwerk gemäß den statischen Anforderungen als filigrane Stahlverbundkonstruktionen vorgeschlagen.

Die Forstwegüberführung mit einer Bauwerksbreite von 6,70 m wurde als einfeldriger Stahlverbundrahmen errichtet. Bei der geringere Breite wurde ein Mittelträger mit bogenförmiger Unterkante vorgesehen. Die geringeren Lasten sowie die kleineren Spannweiten aufgrund rechtwinkeliger Kreuzung ermöglichen das sprengwerkartige Auflösen der Stahlkonstruktion so dass sich horizontal angeordnete Sichtfenster und schmale Ansichtsflächen ergeben. Die veränderliche Konstruktionshöhe des Überbaus beträgt 1,35 m im Feld und 3,15 m an den Widerlagern. Mit einer Spannweite von 57,20 m beträgt die Schlankheit in Feldmitte L/42. Dadurch ergibt sich ein transparent wirkendes Bauwerk mit äußerst schlanken Traggliedern und großer Transparenz.

Die primäre Stahlkonstruktion wird aus luftdicht verschweißten Hohlkästen aufgebaut. Die auskragenden Querschnittsteile sind zur Beruhigung der Untersicht und zur Verbesserung der Dauerhaftigkeit ebenfalls luftdicht verschweißt. Auf den Kästen und Querträgern befindet sich das geschlossene Deckblech, das mit den in Längsrichtung angeordneten Verbunddübelleisten mit dem 18 cm dünnen Aufbeton eine Orthoverbundplatte bildet. Auch die Gesimskappen sind luftdicht verschweißt und bilden den seitlichen Abschluss der Verbundplatte. Somit waren keinerlei Schalelemente für die Herstellung Betonage des Aufbetons erforderlich. Die Stahlverbundträger wurden in die Rahmenstiele aus Stahlbeton eingespannt. Die nach hinten geneigten Widerlagervorderseiten wirken als optische Vermittler zwischen dem bogenförmig ausgebildeten Überbau und der Böschung.

Die Außenstege des Überbaues sind um ca. 11 Grad nach innen geneigt, so dass sich die Hohlkästen für eine Untersicht mit schmalen Ansichtsflächen nach unten verjüngen. Dieser Neigung folgen auch die Seiten der Widerlager sowie die Kappengesimse. Dies vermindert zudem die Anfälligkeit für Verschmutzung. Der Untergurt ist geknickt mit einem mittleren Grat zur Verdeutlichung der Kante vorgesehen. Hierdurch werden die Ansichtsflächen noch mehr reduziert, so dass die unteren Streben sehr schlank erscheinen. Die Höhe der Kappengesimse von 56 cm führt zu ausgewogenen Proportionen von Kappen zu Überbau und Widerlager und lässt den Überbau im Feld optisch schlank erscheinen. Die Kappengesimse sind nach außen geneigt ausgebildet, so dass diese deutlich heller wahrgenommen werden als der Hauptträger und der Brückenschlag als leichter Bogen über die Autobahn erscheinen lässt.

Die Stahlbetonwiderlager sind weit in die Böschung zurückversetzt, woraus sich eine minimierte, dreiecksförmige Ansichtsfläche ergibt. Die Widerlagervorderseiten sind um 30 Grad nach hinten geneigt. Als untere Begrenzung für das Widerlager ist ein Absatz von 50 cm über dem Böschungspflaster ausgebildet. Die Rahmenstiele treten nur im Bereich der einbindenden Stahlverbundträger sichtbar aus der Böschung hervor. Die seitlichen Bereiche des Widerlagers werden nach hinten versetzt und verschwinden somit hinter der gepflasterten Böschungsfläche. Durch die gewählten Konstruktionen ist es gelungen, ein transparent wirkendes Bauwerk mit äußerst schlanken Traggliedern, maximaler Durchsicht und mit in Querrichtung schmalen Ansichtsflächen zu schaffen.

Technische Aspekte

Das Bauwerk ist über die Widerlager auf jeweils 5 Bohrpfählen in sehr tragfähigem Buntsandstein gegründet. Diese haben einen Durchmesser von 1,20 m und eine Länge von 9 m. Angeordnet wurden die Bohrpfähle in zwei Reihen – in der vorderen Reihe 3 Stück mit einem Achsabstand von 2,20 m, in der hinteren Reihe 2 Stück mit einem Achsabstand von 4,40 m. Die Widerlager sind massiv ausgeführt. Sie haben über die gesamte Höhe von ca. 8,00 m (variabel) eine Breite von 3,50 m und eine Tiefe von 5,40 m. Die Widerlagervorderseiten werden um 30° nach hinten geneigt ausgebildet. Die Widerlagerseitenflächen werden parallel zum äußeren Überbausteg ausgebildet.

Der Riegel des Rahmens wird durch den obenliegenden Stahl-Verbund-Träger und die untenliegenden, flachen, bogenförmigen Stiele gebildet. Der Überbau besteht aus einem luftdicht verschweißten Hohlkasten, welcher aus Stahl S355 J2+N gefertigt ist. Der Hohlkasten bindet über mit Kopfbolzendübel besetzte Schwerter in die Rahmenstiele ein. Die Breite des Kastens beträgt am Obergurt konstant 2,40 m und verjüngt sich aufgrund der Neigung der Außenstege um ca. 11° nach unten. Durch die Voutung erhält der Untergurt eine veränderliche Breite von 2,00 m in Feldmitte und ca. 1,30 m in der Rahmenecke. Der Obergurt ist parallel zur Fahrbahnplatte mit 3,0 % Querneigung ausgebildet, während der Untergurt aus zwei Bodenblechen besteht, die in der Bauwerksachse in einem Grat aufeinandertreffen. Der untere Verlauf des Hohlkastens ist kreisförmig ausgerundet, sodass sich eine veränderliche Bauhöhe ergibt. Im Hohlkasten werden im Abstand von 3,00 m Querschotte angeordnet, die sich im Bereich der Kragarme fortsetzen. Die Stiele erhalten einen Hohlkastenquerschnitt aus Stahl, welcher an seiner Unterseite ebenfalls mit einem Grat versehen ist.

Innovation

Bei der Fahrbahnplatte handelt es sich um die erste orthotrope Verbundfahrbahnplatte (=Orthoverbundplatte) bei der Carbonbewehrung verwendet wurde und die für die vollen Beanspruchungen einer Straßenbrücke einschließlich Ermüdung dimensioniert wurde. Durch die materialbedingten wesentlich geringeren Anforderungen an die Betondeckung der Bewehrung konnte die Aufbetonschicht lediglich 18 cm dünn ausgeführt werden. Als Oberfläche wurde auf einen Belag gänzlich verzichtet. Insgesamt konnte dadurch das Betonvolumen der Fahrbahnplatte um ca. 50 % gegenüber einer konventionellen Stahlbetonplatte eingespart werden. Das Eigengewicht des Überbaus konnte so um 40% reduziert werden. Daraus ergibt sich eine Reduktion der Gesamtbeanspruchung um ca. 20%, was sich durch erhebliche Einsparungen im Baustahl des Überbaus, in der Dimensionierung der Widerlager und der Gründungen signifikant widerspiegelte.

Als weitere Innovation wurden Verbunddübelleisten anstelle von Kopfbolzendübeln als Verbundmittel eingesetzt. Die Verbunddübelleisten haben gegenüber Kopfbolzendübel wesentlich bessere Ermüdungseigenschaften, was zwar für Geh- und Radwegbrücken von untergeordneter Bedeutung ist, als Pilotprojekt für die Weiterentwicklung von Orthoverbundplatten für den Bau großer Straßen- und Bahnbrücken eine erhebliche Verbesserung der Robustheit bedeutet. Die Dübelleisten dienen gleichzeitig als Befestigungsmittel und Abstandhalter für die Carbonbewehrung, was deren Verlegearbeiten deutlich vereinfacht.

Zudem konnte die Gradiente des zu überführenden Forstweges um 25 cm tiefer als ursprünglich geplant angelegt werden, was den Aufwand an den beidseits der Brücke anschließenden Dämme der Anrampungen deutlich reduzierte. Erstmals wurde mit dem BW 399c ein integrales Rahmenbauwerk einschließlich Fahrbahnplatte, Kappen und Geländer auf einem Vormontageplatz neben der Autobahn hergestellt und mit Hilfe von Schwerlastfahrzeugen an seinen Bestimmungsort verfahren. Dort mussten abschließend nur noch die Widerlager mit den einbindenden Stahlschwerten ausbetoniert werden um die Rahmenwirkung zu aktivieren. Somit konnte auf jegliche Arbeiten über der Autobahn verzichtet werden und es wurde nur eine einzige nächtliche Sperrpause für das Einfahren benötigt. Dadurch wurden volkswirtschaftliche Folgekosten durch Verkehrseinschränkungen minimiert und die Verkehrssicherheit während der Bauphase erheblich verbessert.

Nachhaltigkeit

Die CO2 Bilanz des Überbaus wird durch den Einsatz der Orthoverbundplatte und der nicht-metallischen Carbonwehrung erheblich verbessert. Durch die Reduktion des Betons in Fahrbahn und Kappen um 50% ergibt sich ein verminderter Ausstoß von CO2-äquvalenten Treibhausgasen ca. 20.000 kg. Der Einsatz von Carbonbewehrung anstelle von konventionellem Betonstahl bedeutet eine Reduktion der CO2 äquivalenten Treibhausgasen um 33%. Da die Gesamtbeanspruchung des Überbaus um mehr als 20% geringer ist, konnte die Stahltonnage gegenüber einer konventionellen Verbundbrücke trotz des erhöhten Aufwands für Kappen und Deckblech um ca. 10% reduziert werden. Dies bedeutet weitere Einsparungen von ca. 22.500 kg CO2 äq.

Im unwahrscheinlichen Falle einer Degenerierung des Aufbetons, kann dieser mit einfachen Mitteln abgestrahlt und problemlos erneuert werden.

Der verwendete Baustahl kann im Falle eines Rückbaus des gesamten Bauwerks einer vollständigen Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.

Laudatio der Jury

Insgesamt überzeugt die Jury die gute Gestaltung vereint mit mehreren neuen konstruktiven Ansätzen, die die Brücke zu einem hervorragenden Beispiel für den effizienten Einsatz des Materials Stahl machen.

Das Bauwerk ist eine Fußgängerbrücke in Stahlverbundbauweise, die ansprechend gestaltet ist und innovative konstruktive Lösungen im Brückenbau konsequent verfolgt.

Die vergleichsweise große Spannweite mit knapp 60 Metern wird mit einem kühnen, stählernen Bogen überspannt, der durch seinen kleinen Bogenstich gestalterisch überzeugt. Dadurch, dass der Bogen ohne Steher zur Fahrbahnplatte auskommt, wirkt dieser transparent und erzeugt eine große Spannung.

Das Bauwerk begeisterte die Jury aber nicht nur in seiner Gestaltung. Es wird eine rahmenartige Einspannung des stählernen Überbaus und des Stahlbogen realisiert, die Lager und Fahrbahnübergange erübrigt. Um die Einspannwirkung zu erzeugen, kommen innovative Verbunddübelleisten zum Einsatz, die die Konstruktion wesentlich vereinfachen. Diese finden sich auch in der Fahrbahnplatte in der Form des neuartigen Ortoverbunds wieder. Neben diesen konstruktiven Neuerungen wird die Bewehrung des Überbaus als Carbonbewehrung ausgeführt, um die Betondeckung zur verringern und auf eine Brückenabdichtung verzichten zu können.