Erläuterungsbericht von Leonhardt, Andrä und Partner zur Einreichung beim Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2020

Entwurf und Gestaltung

Das Bauwerk 400c überführt einen Privatweg über die Bundesautobahn A3, Bau-km 400+179,057 am Ortsrand der Gemeinde Schwaig bei Nürnberg. Es schafft eine Verbindung zum südlich der Autobahn gelegenen Laufamholzer Forst.

Die Überführung wurde als Pilotprojekt zur Umsetzung des Gestaltungshandbuches der BAB A3 – Würzburg bis Erlangen und dem darin beschriebenen „Typ 2“ für Wirtschafts- und Forstwege ausgewählt. Großer Wert wurde beim Entwurf auf einen hohen Grad an Einfachheit, funktionaler und tragwerkstechnischer Sinnhaftigkeit und damit auf eine umfassend nachhaltige Gestaltung gelegt, die durch den sparsamen Einsatz von Ressourcen auch allen Anforderungen des ökonomischen und ökologischen Bauens gerecht wird. Entsprechend der Aufgabe, die sechsstreifige Autobahn stützenfrei zu überspannen, wurde das Überführungsbauwerk gemäß den statischen Anforderungen als filigrane Stahlverbundkonstruktionen vorgeschlagen.

Die Wegeüberführung mit einer Bauwerksbreite von 6,00 m wurde als einfeldriger Stahlverbundrahmen errichtet. Bei der geringere Breite wurde ein Mittelträger mit bogenförmiger Unterkante vorgesehen. Die geringeren Lasten sowie die kleineren Spannweiten aufgrund rechtwinkeliger Kreuzung ermöglichen das sprengwerkartige Auflösen der Stahlkonstruktion so dass sich horizontal angeordnete Sichtfenster und schmale Ansichtsflächen ergeben. Die veränderliche Konstruktionshöhe des Überbaus beträgt 1,50 m im Feld und 3,50 m an den Widerlagern. Mit einer Spannweite von 57,30 m beträgt die Schlankheit in Feldmitte L/38,2. Dadurch ergibt sich ein transparent wirkendes Bauwerk mit äußerst schlanken Traggliedern und großer Transparenz.

Die Stahlverbundträger bilden luftdicht verschweißte Stahlhohlkästen mit aufgelegten Halbfertigteilen und Ortbetonergänzung zur Herstellung der Fahrbahnplatte. Die Stahlverbundträger wurden in die Rahmenstiele aus Stahlbeton eingespannt. Die nach hinten geneigten Widerlagervorderseiten wirken als optische Vermittler zwischen dem bogenförmig ausgebildeten Überbau und der Böschung.

Die Stahlhohlkästen wurden zur Auflage der Halbfertigteile durch kleine Kragarmkonsolen und falls erforderlich Querträger ergänzt. Die Außenstege des Überbaues sind um ca. 11 Grad nach innen geneigt, so dass sich die Hohlkästen nach unten verjüngen, für eine Untersicht mit schmalen Ansichtsflächen. Dieser Neigung folgen auch die Seiten der Widerlager sowie die Kappengesimse. Dies vermindert zudem die Anfälligkeit für Verschmutzung. Der Untergurt ist geknickt vorgesehen, mit einem mittleren Grat zur Verdeutlichung der Kante. Hierdurch werden die Ansichtsflächen noch mehr reduziert, so dass die unteren Streben sehr schlank erscheinen. Die Höhe der Kappengesimse von 80 cm führt zu ausgewogenen Proportionen von Kappen zu Überbau und Widerlager und lässt den Überbau im Feld optisch schlank erscheinen. Wie die Außenstege des Überbaus sind auch die Kappengesimse nach innen geneigt ausgebildet.

Die Stahlbetonwiderlager sind weit in die Böschung zurückversetzt, woraus sich eine minimierte, dreiecksförmige Ansichtsfläche ergibt. Die Widerlagervorderseiten sind um 30 Grad nach hinten geneigt. Als untere Begrenzung für das Widerlager ist ein Absatz von 40 cm über dem Böschungspflaster vorgesehen. Die Rahmenstiele treten nur im Bereich der einbindenden Stahlverbundträger sichtbar aus der Böschung hervor. Die seitlichen Bereiche des Widerlagers werden nach hinten versetzt und verschwinden somit hinter der gepflasterten Böschungsfläche.

Durch die gewählten Konstruktionen ist es gelungen, ein transparent wirkendes Bauwerk mit äußerst schlanken Traggliedern, maximaler Durchsicht und mit in Querrichtung schmalen Ansichtsflächen zu schaffen.

Aus der Planung

Technische Aspekte und Herstellung

Das Bauwerk ist über die Widerlager auf jeweils 6 Bohrpfählen gegründet. Diese haben einen Durchmesser von 1,20 m und eine Länge von 15 m. Angeordnet wurden die Bohrpfähle in einem zweireihigen Raster mit einem Abstand von 80 cm und einem Rasterabstand von 2,70 m.

Die Widerlager sind massiv ausgeführt. Sie haben über die gesamte Höhe von ca. 10,00 m (variabel) eine Breite von 5,80 m und eine Tiefe von 5,70 m. Die Widerlagervorderseiten werden um 30° nach hinten geneigt ausgebildet. Die Widerlagerseitenflächen werden parallel zum äußeren Überbausteg ausgebildet.

Der Riegel des Rahmens wird durch den obenliegenden Stahl-Verbund-Träger und die untenliegenden, flachen, bogenförmigen Stiele gebildet. Der Überbau besteht aus einem luftdicht verschweißten Hohlkasten, welcher aus Stahl S355 J2+N und im Bereich der Stiele aus S460 N/NL gefertigt ist. Der Hohlkasten bindet über mit Kopfbolzendübel besetzte Schwerter in die Rahmenstiele ein. Die Breite des Kastens beträgt am Obergurt konstant 2,40 m und verjüngt sich aufgrund der Neigung der Außenstege um ca. 11° nach unten. Durch die Voutung erhält der Untergurt eine veränderliche Breite von 2,00 m in Feldmitte und ca. 1,40 m in der Rahmenecke. Der Obergurt ist parallel zur Fahrbahnplatte mit 2,5 % Querneigung ausgebildet, während der Untergurt aus zwei Bodenblechen besteht, die in der Bauwerksachse in einem Grat aufeinandertreffen. Der untere Verlauf des Hohlkastens ist kreisförmig ausgerundet, sodass sich eine veränderliche Bauhöhe ergibt. Im Hohlkasten werden im Abstand von 4,00 m Querschotte und die seitlichen Kragarmkonsolen angeordnet. Die Stiele erhalten einen Hohlkastenquerschnitt aus Stahl, welcher an seiner Unterseite ebenfalls mit einem Grat versehen ist.

Nach dem Einheben der Stahlkonstruktion wurde dieser in die Widerlager bis zur späteren Unterkante der Ortbetonergänzung der Fahrbahnplatte einbetoniert. Nach vollständigem Erhärten des Betons wurden 12 cm dicke Fertigteilplatten aufgelegt und anschließend wurde auf dem Obergurt eine 17 cm dicke bewehrte Fahrbahnplatte aus Ortbeton C35/45 hergestellt. Die Verbundwirkung zwischen Deckblech und Aufbeton wird durch Kopfbozendübel hergestellt. Stahlträger und Ortbetonergänzung führen zu einer gemeinsamen Konstruktionshöhe des Überbaus von 1,50 m im Feld bis ca. 3,59 bzw. 3,56 m in den Widerlagerachsen.

Der Stahlüberbau wird im Werk in einzelne Schüsse gefertigt und bis auf die Deckbeschichtung beschichtet. Die Schüsse wurden dann auf die Baustelle geliefert und auf dem seitlich der Autobahn gelegenen Vormontageplatz eingehoben. Dort wird der Stahlüberbau komplimentiert und deckbeschichtet. Nach Fertigstellung des Stahlüberbaus wurde dieser mittels Schwerlastwägen in die Verhubposition gebracht und mit Mobilkränen in die Endlage eingehoben. Zur Unterstützung wurde im Mittelstreifen vorab eine Mittelunterstützung hergestellt.

Laudatio der Jury

Der Preis des Deutschen Stahlbaus soll herausragende Konstruktionen auszeichnen, die den Einsatz des Baustoffes Stahl zeigen. Diese Konstruktionen sollen durch ihre Ästhetik überzeugen oder das Tragverhalten von Stahl gegenüber anderen Baustoffen unterstreichen. Besonders hervorzuheben sind Konstruktionen die beidem gerecht werden. Solch eine Konstruktion ist die hier prämierte Brücke über die BAB A3 bei Schwaig. Die aufgelöste Verbundbrücke zeigt in eindrucksvoller Weise wie Stahl, clever geplant und verarbeitet, sowohl gestalterische Vorgaben bedient, als auch flexibel die statischen Aufgaben erfüllt. Der hohe Vorfertigungsgrad, sowohl im Stahlbau als auch bei der Betonplatte, ist ein Zeichen für eine moderne Konstruktion, die die Verwendung des Baustoffes Stahl fördert.