Ein Erläuterungsbericht von Julian Linz Felix Beuter Jean-Philippe Grouls David Purschke zur Einreichung beim Förderpreis des Deutschen Stahlbaues 2024

Die Aufgabe

Sporthallen gehören zu den zentralen Ressourcen des Vereins-, Breiten-, Leistungs-, und Schulsports. Sie sind Integrationsräume, daher wohnen Sporthallen auch stets soziale Dimensionen inne. Vor diesem Hintergrund steht die Sportstättenplanung vor vielfältigen Herausforderungen. Für die Planung und Beurteilung der nachhaltigen Gebäudequalität von Sporthallen gilt es daher, gleichberechtigt ökologische, ökonomische und soziale Faktoren zu berücksichtigen. Die Bauaufgabe sah vor auf dem Gelände des Deutzer Hafens in Köln eine Zweifach-Sporthalle zu planen. Die Halle sollte sowohl für die angrenzende Grundschule als auch für externe Vereine und Sportgruppen nutzbar sein.

Das Konzept

Die Idee zu unserem Gebäude ist maßgeblich aus dem Ort entstanden. In der Analyse stellten wir fest, dass an dem von uns zu beplanenden Ort viele verschiedene und gleichzeitig interessante Bewegungsstränge zusammenlaufen. Aus dieser Erkenntnis heraus, empfanden wir es als unerlässlich, dass an diesem Ort neben der Turnhalle auch ein Raum für die Öffentlichkeit entsteht. Wir setzten die Turnhalle hoch und gewinnen dadurch im Erdgeschoss Platz, um einen dritten Ort zu schaffen. Das Erdgeschoss soll von einem Bürgerverein geführt werden und als offener Raum und Ort für Lesungen zu einen Treffpunkt im neu entstehenden Veedel werden.

Als konzeptionelles Leitbild unseres Gebäudes diente uns das Bild des Waldes. Im EG wollten wir trotz der Tatsache, dass es ein öffentlicher Raum ist, die Geborgenheit wahren. Erzeugt wird das metaphorisch, in dem man durch den Wald geht und das dichte Blattwerk über sich hat. Der Raum ist durch viele dünne Stützen, die Stämme, gegliedert. Scheinbar unregelmäßig gibt es dann immer wieder runde Kuben aus Glasbausteinen, die wie Lichtungen verteilt im Grundriss stehen. Darüber sitzt eine Zwischenschicht, welche neben konstruktiven Gründen für eine Trennung des Veranstaltungsraums unten und der Turnhalle oben sorgt. Außerdem wird durch diese Schicht mittels Reflektorplatten Licht in das Innere des Gebäudes geleitet, dass dann in den „Lichtungen“ von der Decke strahlt. Im Obergeschoss sitzt die Turnhalle, die wie die Baumkrone über allem thront und sich zwischen die Wipfel der Stadt schiebt. Der behütete Charakter wird hier durch eine umlaufende Fassade aus wiederverwendeten Holzlatten erzeugt.

Der Stadtkontext

Städtebaulich war es uns wichtig das Gebäude in Bezug auf seine Nah und Fernwirkung zu stärken. Der untere Teil des Gebäudes zielt auf die Nahwirkung ab und orientiert sich mit seiner Ausrichtung an der benachbarten Schule. Mit dem oberen Baukörper wollten wir die Fernwirkung ins Visier nehmen. Daher nimmt dieser die Achsen der Promenadenbebauung und der Gebäude des angrenzenden Quartiers auf. So entsteht eine Verdrehung der beiden Baukörper, eine offene Orientierung zu allen anliegenden Bauten. Insgesamt hat unser Gebäude drei Eingänge, die auf die Vielschichtigkeit des Orts und der Nutzer eingehen. Die Eingänge werden jeweils durch einen Überhang des Obergeschosses gekennzeichnet. Da das Baugrundstück zum Hafenbecken hin abschüssig ist und wir eine Schnittstelle zwischen den verschiedenen Orten schaffen wollen, ziehen wir das Terrain mit in unser Gebäude hinein und schaffen mithilfe von Rampen und Treppen einen sanften Übergang, der zu einem prägenden Teil des Raums wird. Durch die Rampenführung bewerkstelligen wir außerdem, dass der gesamte Raum barrierefrei erschlossen werden kann.

Die Konstruktion

Bei der Konstruktion achteten wir besonders auf die Rückbaubarkeit der einzelnen Bauteile im Sinne des Kreislauffähigen Bauens. Sowohl den Boden als auch die Decke der Turnhalle bilden wir mit Hilfe von Raumfachwerken aus. Diese bestehen aus Stäben und Knoten, die miteinander verbolzt und verschraubt werden. Vorteil dieser Konstruktion ist der problemlose Ab-, und Wiederaufbau. Im Sinne eines integrierten Projekts war es uns wichtig, dass unser Tragwerk nicht nur eine Antwort auf die konstruktiven Fragen sondern auch auf technische und atmosphärisch Fragestellungen mit beantwortet.

Das Fazit

Bereits zu Beginn des Entwurfes lag unser Augenmerk darauf, ein besonderes und gleichzeitig kreislauffähiges Gebäude zu planen. Rückblickend lässt sich, unserer Meinung nach, sagen, es ist gelungen: thies hochzwei ist kein gewöhnliches Sporthallengebäude. Neben der Tatsache, dass wir das Raumprogramm durch einen dritten Ort komplettiert haben, basiert nahezu die gesamte Konstruktion auf lösbaren Verbindungen oder weiterverwendeten Bauteilen. Mit unserem Entwurf hoffen wir einen, auf sozialer und konstruktiver Ebene, neuen Denkanstoß für die Planung des Baufeldes im Deutzer Hafen zu geben.

Die Konstruktion (im Detail)

Unsere Sporthalle passt sich der Topografie am Deutzer Hafen an, wodurch siebzehn unterschiedlich lange Stützen der ‚Geilinger-Stützen‘ verplant werden. Geilinger Stützen sind Verbundstützen aus Stahl Profilen, die mit Beton verfüllt werden um den Brandschutz zu garantieren und höhere Normalkräfte aufzunehmen. Diese Stützen werden in Köcherfundamenten eingespannt und sind somit fähig Biegemomente aufzunehmen. Die Aussteifung erfolgt über zwei Kerne, an denen Raumfachwerke fest gelagert werden. Die Kerne, beide genutzt zur vertikalen Erschließung, sind aus 30 Zentimeter dicken Stahlbeton zu fertigen. Da diese sich, statisch nur zu geringen teilen wirksam, auf einer Seite befinden, können sie bei einer Windlast auf das Gebäude nicht die gesamte Aussteifung (verdrehen) übernehmen. Aufgrund dieser Tatsache ist es weiterhin nötig die Stützen einzuspannen. Das Raumfachwerk zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss ist ein Mero-ähnliches System mit einer Höhe von 1,75 Metern. Ein Feld (Tetraeder) spannt 2,5 Meter in X- und Y- Richtung. Auf dieses Raumfachwerk legt sich ein Rost aus Stahlhohlrohrprofilen. Die Umkleiden, die zweistöckig aus Holzstützen und einer leichten Holzbalkendecke geplant sind, stehen auf diesem Rost. An den Seiten befindet sich umlaufend ein Stahlfachwerkträger mit einer Höhe von 10 Metern. Der gesamte obere Grundriss wird überspannt durch ein zweites Raumfachwerk mit einer Höhe von 2 Metern. Ein Feld überspannt hier 5 Meter in X Richtung und 2,5 Meter in Y Richtung. Das zweite Raumfachwerk trägt die Ausbaulast des Dachs, das über einen zweiten Gitterrost die Lasten verteilt und an den Raumhohen Fachwerkträger übergibt.

 

Laudatio der Jury

In hervorragender Art und Weise entwickeln die Verfasser das Konzept einer innovativen Sporthalle im Deutzer Hafen in Köln.

Das Sporthallenprojekt ist das Ergebnis des Entwurfs von 4 Studierenden des vierten Bachelor-Semesters. Die Sporthalle ist aufgeständert über dem urbanen Raum im Sockelbereich platziert, schwebt zwischen den alten Baukränen des Hafens und bietet dem Nutzer interessante Ein- und Ausblicke – unterstützt und lenkbar durch einen flexiblen, außenliegenden Sonnenschutz. Die fließenden Räume des durch transparente Materialien gehüllten Sockels, in dem einzelne Boxen für Umkleiden, Sanitärräume und weitere Funktionen eine Zone zwischen Sporthalle und urbanem Raum erzeugen, schaffen eine Atmosphäre der Offenheit und Leichtigkeit. Unterstützt wird dies durch eine indirekte Belichtung mit Tageslicht, die über eine geschickte Lichtführung in der Ebene der Deckenkonstruktion erfolgt.

Besonders hervorzuheben ist die mutige Konstruktion dieser Sporthalle, die sich durch raumhohe Fachwerkträger an den Außenseiten und Raumfachwerken für die Decken- und Dachkonstruktionen im Inneren auszeichnet. Es entsteht ein räumliches Tragwerk, das nur punktuell auf filigranen Stützen im Sockelbereich aufliegt. Eine technisch anspruchsvolle Konstruktion, die auf ein besonderes Verständnis von Konstruktion und Raum schließen lässt. Dies zeigt sich auch in der Ausarbeitung wesentlicher, konstruktiver Detailpunkte, die alle grundlegenden Planungsparameter des Bauwesens berücksichtigen und eine gestalterisch und konstruktiv anspruchsvolle Synthese von Gestaltung, Gebäudetechnik, Bauphysik und Tragwerk versuchen. Die umgesetzte Filigranität wird durch den Einsatz des hocheffizienten und gleichermaßen bewährten Materials Stahl erst möglich. Natürlich lässt sich so auch eine Elementierung und die Fügung der schlanken Bauteile gut realisieren.

Mit ihrer Entscheidung zur Aufständerung der Sporthalle und Entwicklung eines offenen, transparenten Sockels als Bindeglied zum städtischen Raum, der hohen architektonischen Qualität und dem sehr gut ausgeführten Stahlbau führt die Arbeit vorbildlich auf, wie eine leichte und nachhaltige Architektur mit Stahl im Sinne der zirkulären Wertschöpfung der Zukunft aussehen kann.