Stahlbau im Kontext der Nachhaltigkeit

Die Bauwirtschaft steht vor der Herausforderung, ihre CO₂-Emissionen drastisch zu senken. Insbesondere bei Tragstrukturen und Hüllen von Hallen- und Geschossbauten liegt ein erhebliches Optimierungspotenzial. Umfassende politische und gesetzlichen Rahmenbedingungen auf europäischer und nationaler Ebene, zielen darauf ab, den CO₂-Ausstoß erheblich zu reduzieren. Der European Green Deal, ein zentraler Baustein der europäischen Umweltpolitik, setzt ambitionierte Ziele für die Klimaneutralität bis 2050 und fordert eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Hier setzt der Leitfaden an: Er liefert konkrete und nachvollziehbare Empfehlungen für den Einsatz ressourcenschonender Baustahlprodukten und zeigt auf, wie Unternehmen den CO₂-Fußabdruck ihrer Projekte allein durch den eingesetzten Baustahl erheblich reduzieren können.

Ziel ist es, Bauprojekte nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch verantwortungsvoll zu gestalten und so auf Anforderungen von Bauherren einzugehen oder selbst proaktiv z.B. in Angeboten einen Beitrag zum Klimaschutz zu implementieren.

Im Fokus von Öffentlichkeit und Politik steht derzeit in erster Linie das Globale Erwärmungspotenzial (GWP) welches in CO2-Äquivalenten angegeben wird. Daher beschränkt sich dieser Leitfaden auf diese Betrachtungsebene.

CO2-Emissionen nachweisen durch Umwelt-Produktdeklarationen (EPD)

Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) bieten Stahlbauern entscheidende Vorteile, indem sie transparente und vergleichbare Daten über die Umweltauswirkungen von Stahlprodukten über den gesamten Lebenszyklus hinweg liefern – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. Die standardisierte Erstellung nach EN 15804+A2 und eine unabhängige Verifizierung sorgen für Vergleichbarkeit und Glaubwürdigkeit.

Für Stahlbauer bedeutet dies konkret:

  • Fundierte Produktauswahl: EPDs ermöglichen es, Stahlprodukte hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen (z. B. CO₂-Emissionen) objektiv zu bewerten und gezielt nachhaltigere Varianten auszuwählen.
  • Wettbewerbsvorteil: Der Einsatz von Produkten mit EPDs kann zur besseren Marktpositionierung beitragen, insbesondere wenn Produkte mit geringerem CO₂-Fußabdruck genutzt werden.
  • Beitrag zu Nachhaltigkeitszertifizierungen: EPDs sind häufig Voraussetzung für Gebäudezertifikate wie DGNB, LEED oder BREEAM – ein Vorteil für Stahlbauer in Projekten mit hohen Nachhaltigkeitsanforderungen.
  • Erfüllung gesetzlicher Anforderungen: EPDs helfen dabei, aktuelle und kommende gesetzliche Vorgaben – z. B. durch die neue EU-Bauproduktenverordnung – zu erfüllen.
  • Vermeidung ungünstiger Durchschnittswerte: Im Gegensatz zu den generischen Daten der ÖKOBAUDAT bieten spezifische EPDs genauere und oft günstigere Werte, was sich positiv auf die Bilanzierung und Nachweisführung auswirkt.

Kurzum: Der Einsatz von Produkten mit EPDs verbessert die Nachvollziehbarkeit ökologischer Entscheidungen, erhöht die Planungssicherheit und unterstützt Stahlbauer dabei, nachhaltige und wettbewerbsfähige Bauprojekte zu realisieren.

Herstellrouten und CO2-Emissionen

Die Wahl der Herstellroute (Hochofen-Konverter-Verfahren (BF-BOF), Elektrostahlverfahren (EAF) und bald Direktreduktion (DRI)) hat erheblichen Einfluss auf die CO₂-Bilanz des verwendeten Stahls. EPDs ermöglichen es, diese Unterschiede transparent nachzuweisen. Wer auf Elektrostahl oder in Zukunft DRI-Stahl mit niedrigem CO₂-Fußabdruck setzt, kann so gezielt umweltfreundlicher planen – ein klarer Vorteil bei Ausschreibungen und Zertifizierungsprozessen. Auch für Stähle aus dem klassischen Hochofen lassen sich günstigere Umweltwirkungen als der Marktdurchschnitt per EPD nachweisen.

Dokumentation, Transport und Logistik

Eine sorgfältige Dokumentation und Nachverfolgbarkeit der eingesetzten Baustahlprodukte ist essenziell, um die Anforderungen an Nachhaltigkeit und CO₂-Transparenz zu erfüllen. Alle Bestellentscheidungen und EPDs sollten so dokumentiert werden, dass eine eindeutige Rückverfolgbarkeit bis zum verbauten Material möglich ist.

Im Rahmen des Berichtswesens empfiehlt sich die Erstellung einer CO₂-Gesamtbilanz pro Projekt und jährlich über alle gelieferten Tonnagen. Dabei sollen die verwendeten Stahlsorten, Mengen, EPD-Daten und Emissionswerte nachvollziehbar zugeordnet und ein gewichteter Durchschnittswert der CO₂-Äquivalente gebildet werden.

Die Wahl des Transportmittels hat ebenfalls  Einfluss auf die CO₂-Bilanz eines Projekts. Bahn und Hochseefrachter weisen im Vergleich zu LKWs deutlich geringere CO₂-Emissionen pro Tonnenkilometer auf und sollten daher, wenn möglich, bevorzugt werden. Die Werte aus der ÖKOBAUDAT ermöglichen eine eigene Berechnung des Globalen Erwärmungspotenzials (GWP) entlang der Transportkette.

Ein effizienter und nachhaltiger Logistikansatz unterstützt so die ganzheitliche Ökobilanz eines Stahlbauprojekts.

Jetzt lesen:
👉 Download Leitfaden BFS-RL 01-101 – CO₂-optimierter Hallen- und Geschossbau – Teil 1 (PDF)