Erläuterungsbericht von SSF Ingenieure zur Einreichung beim ‘Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2020’ Kategorie Brückenbau

1 Allgemeines

Der Ersatzneubau der Brücke über die Salzach ist Teil des groß angelegten Hochwasserschutzprojekts „Zeller Becken“, bei dem der Gewässerquerschnitt durch eine Flussverbreiterung oder ergänzende Dammbaumaßnahmen vergrößert wird. Die Verbindungsstraße von Zell am See nach Kaprun überquert die Salzach bei Mayereinöd. Aufgrund der zu geringen Stützweite genügt die vorhandene Brücke den neuen Anforderungen des Hochwasserschutzprojekts nicht mehr. Um den notwendigen Durchflussquerschnitt der Salzach zu realisieren, ist die bestehende, einspurige Brücke durch einen breiteren Neubau mit 50 m Stützweite zu ersetzen.

2 Entwurfsidee

Anhand dreier Varianten in der Vorplanung wurde die Lösung in Form einer Trogbrücke als Grundlage für die Entwurfsplanung gewählt. Die grundlegenden Gedanken der Segmentbauweise und einer robusten Montage können hier umgesetzt werden. In der Familie der Trogbrücken stellt die Konzeption dieses Bauwerks eine Besonderheit dar: Die Fahrbahnplatte aus Stahlbeton liegt zwischen Stahl-Hauptträgern. Dabei kann auf ein Schalungsgerüst durch die Verwendung von Fertigteilen verzichtet werden. Um eine Begehbarkeit der Obergurte der Brücke durch Passanten auszuschließen, ist der Obergurt des Stahlträgers um 25° nach außen geneigt. Der Hauptträger wird als Hohlkasten geplant. Im Vergleich mit einer Bogenbrücke ist die Trogbrücke durch vereinfachte Ausführung deutlich kostengünstiger in der Herstellung, weil keine Hilfsjoche zur Montage notwendig werden. Darüber hinaus ordnet sich die Trogbrücke dem naturnahen Umfeld der Salzach unter und entsprach damit dem Wunsch der Anrainergemeinden.
Generell wurde eine einfache Zugänglichkeit der Rohrleitungen gewünscht. Eine sichtbare, seitliche Führung der 450 und 500 mm großen Leitungen wurde aus gestalterischen Gründen ausgeschlossen.

In Zusammenarbeit mit den Architekten Lang Hugger Rampp wurde eine Lösung entwickelt, die den Träger in seiner Funktionalität und Tragwirkung voll ausnutzt und eine hohe gestalterische Qualität aufweist. Die erforderlichen Rohrleitungen werden seitlich am Träger aufgenommen. Der Obergurt bleibt 25° geneigt, wird jedoch durch ein mit einem Winkel von 50° deutlich stärker geneigtem Blech ergänzt. Dabei verjüngt sich der Obergurt in der Draufsicht von der vollen Breite in Feldmitte zum Auflager hin. Das ergänzende Blech verläuft genau entgegengesetzt. Die beiden oberen Bleche bilden nun den Raum, in dem die Rohrleitungen liegen. Er wird mit einem seitlichen Blech verschlossen.
Durch diese Gestaltung gliedert sich die ursprünglich monoton anmutende Ansichtsfläche des Hauptträgers in einen klar gegliederten Körper und wirkt dadurch deutlich dynamischer. Eine Riegelwirkung im Gesamteindruck wird erheblich gemindert und der Flussraum gewinnt an Attraktivität.

3 Konstruktion

Die Hauptträger sind luftdicht verschweißte Stahlhohlkästen mit geneigten Flanschen. Aus gestalterischen Gründen ist der Obergurt in zwei Bleche unterteilt. Das obere, in der Draufsicht dreiecksförmig zulaufende Blech ist um 25° nach außen geneigt und übernimmt die Haupttragfunktion. Es hat am Widerlager eine Breite von 0,20 m und nimmt stetig zur Feldmitte auf eine Breite von 1,35 m zu. Die Blechabmessung wächst mit dem Momentenverlauf entsprechend an. An dieses Blech schließt ein um 50° geneigtes Blech an, das den äußeren Leitungskanal abdeckt. Die beiden Bleche werden geneigt ausgeführt, damit der Obergurt nicht durch Passanten begangen werden kann.
Zur Auflagerung der π-Platten wird eine Konsole auf der Innenseite der Träger ausgebildet. Die offenen Endquerträger versteifen die Hauptträger gegen Verdrehen am Brückenende und nehmen die Pressenkräfte im Fall eines Lagerwechsels auf. Sie sind über zwei aufgeschweißte Verbunddübelleisten mit der Ortbetonplatte verbunden. Die Verbunddübel werden gemäß der Zulassung ausgeführt.

Aus der Planung

π-Platten als Fertigteile mit externen, feuerverzinkten T-Profilen

In Querrichtung der Brücke werden 19 Verbundfertigteilplatten verlegt, um die Herstellung der Fahrbahnplatte über der Salzach einfach zu gestalten.

Zwischen den Hauptträgern spannen die π-förmigen Platten mit einer Spannweite von 8,20 m. Das Fertigteil ist an der Unterseite mit einem um 180° gedrehten T-förmigen Schweißträger der Güte S355 versehen, der als externe Bewehrung wirkt. Er ist über Verbunddübel CL150/60 mit dem Fertigteilbeton schubsteif verbunden. Die Fertigteilplatte mit der Betongüte C50/60 ist 2,60 m breit und 10 cm dünn. Der 30 cm breite Betonsteg schließt außen bündig mit den Flanschen der Stahlträger ab. Die Platten haben ein Verlegegewicht von 8,5 t. Sie werden auf die Stahlkonsole aufgelegt und mit zwei Schraub-bolzen je externer Bewehrung am Stahlbau gesichert. Bereits bei der Verzinkung der Walzträger in den VFT-WIB Trägern bei anderen Brücken wurden in der Fertigung und bei der Qualität der Verzinkung gute Erfahrungen gesammelt. Daher wird auch bei dieser Brücke die externe Bewehrung feuerverzinkt.

Fahrbahnplatte mit Schleppplatte

Die Fahrbahn mit der Betongüte C35/45 ist schubsteif mit den Hauptträgern verbunden. Am Hauptträgeranschnitt in der Platte entstehen durch die Torsionssteifigkeit der Hohlkastenträger Einspannmomente. Für die Dauerhaftigkeit des Übergangs der Betonplatte zum Hauptträger ist es entscheidend, dass die Fuge sich unter Biegung der Fahrbahnplatte in Querrichtung der Brücke nicht öffnet. Die Abdichtung der Fahrbahnplatte wird über die Betonplatte hinaus am Stahlsteg nach oben geführt. Ein Stahlwinkel L60x80 klemmt die Abdichtung und verhindert, dass Wasser eindringen kann.

Um die Unterhaltskosten gering zu halten, wurde eine schwimmende Lagerung in Längsrichtung der Brücke ohne eine Übergangskonstruktion entworfen. Die Bewegungen, die durch Temperaturänderungen entstehen, werden über eine tiefliegende Schleppplatte an beiden Enden der Brücke gleichmäßig in den Dammbereich eingetragen. Mit dieser Konstruktion wurden bereits in der Schweiz gute Erfahrungen gesammelt und sie wurde 2011 in die Schweizer Richtlinien übernommen. Die Fahrbahnplatte läuft fugenlos über den Stahlendquerträger hinaus und taucht unter das Straßenplanum ab. Die fehlende, bei gelagerten Brücken übliche Kammerwand wird durch einen an die Schleppplatte angeschlossenen nach unten gerichteten Sporn ersetzt. Sedimente oder Wasser werden so von der Lagerbank ferngehalten. Die Schleppplatte ist rund 8 m lang, um eine ausreichende Übertragungslänge für horizontale Verschiebungen zu ermöglichen und vertikale Setzungen auszugleichen. Die ungebundene Tragschicht des Straßenplanums wird bis zur Mitte der Schleppplatte geführt. Im bauwerksnahen Bereich wird die Tragschicht von 10 cm bis 50 cm Dicke eingebaut.

Gründung und Widerlager

Die Gründung ist eine Flachgründung, die auf dem ca. 10 m mächtigen Kiespolster über dem Seeton „schwimmt“. Der anstehende Baugrund wurde bis in eine Tiefe von ca. 15 m mit einer kombinierten Rüttelstopf- und Rütteldruckverdichtung verbessert. Dadurch wird bei einer Bodenpressung von 160 kN/m² eine Setzung von 4 bis 5 cm erwartet. Die 1,20 m dicke Bodenplatte wird in einem Spundwandkasten auf einer 1 m dicken Kiesausgleichsschicht betoniert. Der Spundwandkasten verbleibt und dient als Kolksicherung bei Hochwasser.
Im kastenförmigen Widerlager werden die Flügelwände als Brüstung hochgezogen. Sie dient als Absturzsicherung in Verlängerung der Trogwangen. Auch die Neigung der Stahlträgerobergurte setzt sich in der Brüstung fort. Nachteil einer Konterschalung bei schrägen Betonflächen ist der Einschluss von Luft an der Oberfläche des Betons. Diese Lunker verwittern schnell und Moos bildet sich an der Oberfläche. Aus diesem Grund werden Stahlbleche als Abdeckung über die Brüstung eingebaut, die den Beton vor Bewitterung schützen. Die Farbe wird passend zum Stahlüberbau gewählt. Auch die Führung der Rohrleitungen und deren Revision sind in einer Stahlabdeckung einfacher zu realisieren. Seitlich der Flügel befinden sich Revisionsschächte für die Rohrleitungen.
Im Überbau sind vor den Widerlagern Brückenabläufe angeordnet, die senkrecht in der Widerlagerwand abgeführt werden und in die Salzach als Vorfluter entwässern.

4 Herstellung, Montage, Kosten

Die Baumaßnahme begann im Herbst 2017. Die neue Brücke stellt eine wichtige Verbindung zum Abtransport der Erdmassen für die Verbreiterung der Salzach dar und sollte noch während der Hochwasserschutzmaßnahme fertiggestellt werden.

Alle Stahlbauteile, auch die externe Bewehrung für die π-Platten, wurden im Werk der NCA Container- und Anlagenbau in St. Paul hergestellt und mit dem ersten Korrosionsschutz versehen. Die Schweißfolge gestaltete sich aufgrund des kleinen Hohlkastens anspruchsvoll, da nicht an allen Stellen von außen geschweißt werden konnte.

Der Hauptträger wurde in zwei Teilen mit je 25 m Länge zur Baustelle transportiert und dort verschweißt. Aufgrund der beengten Straßenverläufe wurde von einem Transport der Träger in voller Länge abgesehen.
Ein 600 t Raupenkran verlegte die vor Ort verschweißten, 50 m langen Träger anschließend von der in Richtung Kaprun liegenden Seite. Die breiten Untergurte der Träger erlaubten ein kippsicheres Auflegen. Vor dem Umsetzen auf die Lager wurden die Endquerträger eingebaut, verschweißt und die Fertigteile verlegt. Die 19 Fertigteilplatten wurden auf der nahegelegenen Großbaustelle des Bauunternehmers betoniert. Jeweils fünf Platten wurden parallel hergestellt. Nach dem Betonieren und Erhärten wurden sie zur Baustelle transportiert und mit einem Mobilkran verlegt. Das Verlegen funktionierte gut, da ein „Einfädeln“ der Fertigteilplatten nicht erforderlich war. Das Verschrauben mit den Gewindebolzen in der Stahlträgerkonsole erwies sich als vorteilhaft. Die Fahrbahnplatte wurde auf den Fertigteilplatten bewehrt. Vor Ort ließ sich die abgekröpfte Bewehrung gut in die Öffnungen der Verbunddübelleiste einfädeln. Die Schleppplatte wurde vor der Fahrbahnplatte betoniert. Die Brückenbauarbeiten wurden für 3.610 €/m² einschl. Mehrwertsteuer an das Unternehmen Steiner Bau GmbH im Herbst 2017 vergeben. Baubeginn vor Ort war März 2018.

Laudatio der Jury

Die innovative Brücke über die Salzach bei Kaprun überzeugt als Trogbrücke in Segmentbauweise mit sehr schneller einfacher Montage durch die konsequente Modulbauweise. Die sehr schlanken Verbundfertigteilplatten werden durch einbetonierte T-Träger als „externe Bewehrung“ verstärkt. Diese sind kraftschlüssig durch Verbunddübel nach Zulassung als sogenannte VFT-WIB (Walzträger in Beton) mit der Betonfarbahn verbunden. So sorgt die Verzinkung der „externen Bewehrung“ für eine dauerhaften Korrosionsschutz und der Ersatz der Fahrbahnübergänge durch eine sogenannte Schlepplatte für die Reduzierung der Instandhaltungskosten. Mit dem System der Trogbrücke ist im Unterschied zu einer Bogenbrücke o.ä. in der naturnahen Umgebung bewusst gestalterisch eine eher zurückhaltende Lösung gewählt worden. Die möglicherweise sonst wuchtig wirkende Ansichtsfläche der Hohlkästen wird durch geschicktes Verziehen des geneigten Obergurtes von einer schmalen Breite am Widerlager zur größten Breite in Feldmitte interessant und in einer der statischen Wirkung gerecht werdenden Form gegliedert. Die gestalterisch bestimmte äußere Form der Hauptträger verbirgt gleichzeitig nutzungsgerecht die zu überführenden Rohrleitungen. Besonders hervorzuheben ist bei der 50 m spannenden Brückenlösung gerade diese Integration von Aspekten der Wirtschaftlichkeit und Funktionalität mit gestalterischer Qualität.