Text von Behnisch Architekten

Die adidas ARENA tritt schon weit über die Grenzen der World of Sports hinaus sichtbar in Erscheinung. Dem neuen Büro- und Empfangsgebäude kommt eine besondere, identitätsstiftende Bedeutung zu, da es als Auftakt und Hauptzugang des Campus in Herzogenaurach die Gäste in der Konzernzentrale World of Sports empfängt. Die signifikante Architektur und das skulpturale Erscheinungsbild unterstreichen die Leidenschaft des Unternehmens für Sport. Die ARENA bietet ca. 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 52.000 m² moderne und zukunftsweisende Arbeitsplätze mit dem Konzept eines hochflexiblen Büroorganismus.

Mit Fertigstellung des ausdrucksstarken Solitärs hat adidas die Entwicklung seines Unternehmenscampus auf dem ca. 59 Hektar großen Gelände der ehemaligen US-Militärbasis Herzo Base abgeschlossen. Die architektonische Entwurfsidee für die Arena zeigt ein fein justiertes Zusammenspiel aus Transparenz, Landschaft und einer progressiven Arbeitswelt, die ein interdisziplinäres und kommunikatives Miteinander stärkt und flexibel auf zukünftige Entwicklungen reagiert. Das neue Bürogebäude ist hochflexibel und kann unkompliziert an neue Arbeitsabläufe und Mitarbeiterwünsche adaptiert werden. Der geometrische Baukörper, ein Quader mit Büroarbeitswelten auf drei Geschossen, erhebt sich scheinbar schwebend über einer „gebauten Landschaft“ – als eine abstrakte, markante Landmarke. Unterhalb der Büroflächen scheint die Campuslandschaft sich fortzusetzen; das „Landschaftsgeschoss”, das den schwebenden Block von seinem Unterbau trennt, bietet mit Bewegungsflächen direkten Anschluss an das Außengelände, über differenziert angelegte Wege wird es an den Gesamtcampus und die Sportflächen angebunden.

Die Foyertreppe als zentraler Treffpunkt

Das Innere des „modellierten Landschaftshügels“ bildet den Eingangs- und Empfangsbereich und führt in ein lichtdurchflutetes, weites und für Veranstaltungen nutzbares Atrium. Herzstück in der ARENA ist die beeindruckend inszenierte, freitragende Treppe im Foyer. Durch die große helle Lichtöffnung leitet sie die MitarbeiterInnen in die luftige Höhe der dreigeschossigen Arbeitswelt und eröffnet einen weitreichenden Blick ins Atrium, über das „Luftgeschoss“, den Campus und hinauf zu den Arbeitsbereichen in den Obergeschossen. Ein Luftraum, der sich über alle drei Arbeitsebenen öffnet, verbindet die Flächen vertikal miteinander. Die zentrale Erschließungsmagistrale, angelegt als kommunikativer, lebendiger Marktplatz, sorgt für horizontale Verbindungen und soziale Treffpunkte. Ein sich zum Campus hin anschließendes Bistro mit Außenterrasse verbindet den Innenraum im Erdgeschoss mit den Freiflächen außen.

Aus der Planung

Flexible Arbeitswelten motivieren die MitarbeiterInnen

Ein erklärtes Ziel von adidas war es, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit dem neuen Haus die „besten Arbeitsplätze der Welt“ zur Verfügung zu stellen. Dazu hatte das Unternehmen klare Vorstellungen: möglichst große, flexible Büroflächen wechseln sich mit informellen und formellen Kommunikationszentren und Freizeitbereichen ab. Mit dem speziell entwickelten MyArena-Konzept schafft das Gebäude den architektonischen Rahmen für eine kreative Arbeitsatmosphäre. Arbeitsplätze stehen wahlweise auf einer der offenen Flächen oder als Rückzugsbereiche für konzentriertes Arbeiten zur Verfügung. Die Büroflächen sind modular auf einer flexiblen und wandelbaren Matrix in die drei Geschosse eingestreut und gruppieren sich differenziert um unterschiedlich große, für die Tageslichtversorgung optimierte Lichthöfe. Sie folgen einem geordneten Raster, sind jedoch frei bespielbar. Die sechs Zugangsbereiche je Ebene sind als adressbildende Orte im Haus ausgestaltet und ermöglichen die jeweils eigene Identifikation und Identität innerhalb der flächigen Matrix. Startpunkt aller Grundüberlegungen hierfür war die Themenfindung über sechs „Key Cities“, die Vorgaben und Rahmenbedingungen zur Materialität, Farbgebung und dem Konstruktionsprinzip der charakteristischen Ausbauelemente vordefiniert haben. Als „Key Cities“ wurden die Metropolen Los Angeles, London, Tokio, New York, Shanghai und Paris ausgewählt, die gleichermaßen bedeutende Orte für die Marke adidas sind. Für Einbauten wie Tresen und Bars, Wandelemente, abgehängte Deckenstrukturen, Lockers bzw. Schließfächer, maßgefertigte Einbauten, lose Möbel und die Beleuchtung wurden individuelle Kriterien eines Gestaltungskataloges formuliert.

Intelligente Gebäudehülle – lichtdurchflutete Arbeitswelten

Um das skulpturale Erscheinungsbild und die undefinierte Maßstäblichkeit des Baukörpers der Obergeschosse zu unterstützen und eine lichtdurchflutete, helle Arbeitsatmosphäre zu erhalten, kam ein ökologisch nachhaltiges Konzept zur Tageslichtoptimierung und zur Verschattung zum Einsatz. In Zusammenarbeit mit Bartenbach Lighting Design entwickelten Behnisch Architekten ein nach der jeweiligen Orientierung der Fassade maßgeschneidertes System. Ein feststehender, außenliegender Sonnenschutz ermöglicht die unterschiedlichen, wechselnden und komplexen Parameter verschiedener Sonnenstände zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten zu berücksichtigen. Mittels einer thermisch-dynamischen Gebäudesimulation erfolgte eine geometrische Optimierung des Zusammenspiels von ausreichend hoher Tageslichtnutzung und Reduzierung der Wärmebelastung im Innenraum des Gebäudes. Aufgrund der Ausführung nach den modernsten energetischen Standards sowie der Verwendung von Materialien mit einer hohen Recyclingkomponente ist für das Gebäude eine LEED-Gold-Zertifizierung angestrebt. Der feststehende, außenliegende Sonnenschutz besteht im Wesentlichen aus einer elementierten Aluminium-Rahmenkonstruktion mit opaken und perforierten Deckblechen sowie einem Lastensammler aus Stahl und dessen Tragkonsolen. Der Lastensammler spannt von einem Geschoss zum anderen, überwindet eine Hauptachse von 8,10 m und trägt je Ebene in der Regel vier Beschattungselemente, die im Los-Festlagerprinzip befestigt sind. Die Öffnungsflügel im Abstand von je 2,70 m ermöglichen den Mitarbeitern den direkten Bezug nach außen.

Außergewöhnliche Architektur trifft auf innovative Ingenieurbaukunst

Der konstruktiv anspruchsvolle architektonische Entwurf erforderte ein innovatives Tragwerk und Ingenieurleistungen, die sowohl die schwebende Leichtigkeit der aufgeständerten Konstruktion sichtbar machen als auch die offene Bürostruktur ohne raumtrennende Wände gewährleisten. Das Stahltragwerk mit einer Größe von 143 x 118 m – als dreigeschossige Vierendeel-Konstruktion ausgeführt – ermöglicht durch den Verzicht auf Diagonalen und aussteifende Wände eine größtmögliche Flexibilität für die Arbeitswelten. Sie wird getragen von einem unregelmäßigen System aus 67 schrägen, V-förmig angeordneten Stahlverbundstützen in Dreier- und Vierergruppen mit dem Primär-Raster von 8,10 m und bildet mit dem zentralen Stahlbetonkern ein dreidimensionales Gesamttragwerk. Dem Bild eines aufgeständerten Kubus über einem grünen Landschaftshügel, das den Entwurf der Adidas Arena charakterisiert, entsprechen zwei auch konstruktiv weitgehend voneinander getrennte Teile. Das Erdgeschoss ist als Stahlbetonkonstruktion mit begehbaren und teils begrünten Dachflächen konzipiert. Der dreigeschossige Baukörper mit den Büroebenen wurde hingegen in Stahl-Hybridbauweise ausgeführt. Die Stahlverbundstützen, die ihn tragen, durchdringen die Decke des Erdgeschosses, sind mit dieser jedoch nicht kraftschlüssig verbunden.

Flexible Skelettkonstruktion

Das Tragwerk des Bürogebäudes sollte die Leichtigkeit der aufgeständerten Konstruktion sichtbar machen. Darüber hinaus wünschte sich der Bauherr in den Büroebenen offene Arbeitsbereiche ohne raumtrennende Elemente. Weitere Ziele waren die optimale Integration der haustechnischen Anlagen sowie die Minimierung des Stahlverbrauchs. Um einen möglichst flexiblen Grundriss realisieren zu können, sind die Obergeschosse als Vierendeelkonstruktion mit einem Stützenraster von 8,10 m ausgeführt. Die dreigeschossige Stahlstruktur ruht auf insgesamt 67 schräg gestellten Stützen und kragt außen um bis zu 11,5 m über die Stützenköpfe hinaus. Die Stützen tragen den größten Teil der vertikalen und horizontalen Lasten ab. Der zentrale Stahlbetonkern leistet dagegen nur einen geringen Beitrag zur Aussteifung des Gebäudes. Nur an einer Seite des Kerns sind die Geschossdecken horizontal angeschlossen; auf den anderen Seiten ist die Stahlkonstruktion lediglich vertikal aufgelagert. Insgesamt durchdringen neun vertikale Öffnungen die Vierendeelkonstruktion. Sie dienen als Lichthöfe und teilweise auch als Raum für Verbindungstreppen. Die Öffnungen tragen wesentlich zur natürlichen Belichtung und vertikalen Durchlässigkeit der Büroebenen bei.

Materialeffizienz als Entwurfsziel

Um die erforderliche Stützenanzahl zu minimieren, untersuchten die Tragwerksplaner zahlreiche Varianten der Stahlkonstruktion mit unterschiedlichen Stützenstellungen und entsprechend angepassten Rastermaßen an einem Finite-Elemente-Gesamtmodell. Die Haupttragebene des dreigeschossigen Kubus ist der Trägerrost der untersten Geschossdecke, der auch die Hauptinstallationsebene bildet. Die Trägeranschlüsse sind so konzipiert, dass auf der Baustelle nur wenig Schweißarbeiten erforderlich waren. Die hohen Hauptträger wurden möglichst zweifeldrig ausgeliefert. Sie wiegen bis zu 44 t. Schon im Werk wurden die gevouteten Enden der Träger an die Stützen geschweißt. Die V-förmig angeordneten, rund 15 m langen Stützen des Überbaus bilden zehn Vierer- und neun Dreiergruppen, die jeweils am Fußpunkt konzentriert zusammenlaufen. Als Stützenfüße dienen vorgefertigte Stahlbetonfertigteile, die präzise auf den Bohrpfahlgruppen des Fundaments abgesetzt und im unteren Bereich in die 50 cm dicke Bodenplatte einbetoniert wurden. Hochfester Beton, 150 mm dicke Stahlplatten und eine sehr hohe, konzentrierte Bewehrung der Stützenfüße leiten die Vertikal- und Horizontalkräfte in das Fundament ein.

In Bodennähe vormontiert

Zwei Ebenen der Stahl- und Betonkonstruktion mit einem Gewicht von 12.500 t wurden am Boden vormontiert, mit einem speziellen Hubverfahren um ca. 10,5 m angehoben und anschließend auf den Stützen abgesetzt. Durch die enge Zusammenarbeit von Planern und Firmen sowie die intensive Verzahnung der Leistungsphasen der Planung bis hin zur Bauausführung konnten zahlreiche Neuentwicklungen und Innovationen der Stahl- und Verbundbauweise in überzeugender Weise gelöst und technisch umgesetzt werden. Dafür wurde die ARENA Anfang 2019 mit dem Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaus ausgezeichnet.